JIM JARMUSCH, Independent. Filme 1980-2020
TRAUMFABRIK #22 / Sommersemester 2022
“I do it my way, or I don’t do it” – ich mache es auf meine Weise oder gar nicht. Independent, unabhängig sein von Studios und Investoren, ist Grundbedingung aller seiner Filme. Jim Jarmuschs Produktionsprinzip wurde Vorbild für andere aus der Generation der filmischen Postmoderne der 1980er und 90er Jahre, z.B. für Spike Lee, die Brüder Joel und Ethan Coen oder Quentin Tarantino.
Seit 1980 kennzeichnet das formvollendete transkulturelle Crossover aus Ideen, Worten, Bildern und Musik Jim Jarmuschs filmische Handschrift. Mit seiner charakteristischen Filmpoesie webt er Netzwerke vielschichtiger Bedeutungen, Bezüge und Anspielungen, die sich zu einem Bild gegenwärtiger Lebenswelten verdichten: Filmerzählungen, ganz wie Musikstücke oder wie Gedichte, ein cineastisches Spiel mit der Zeit, dessen transparente Struktur es uns erlaubt, ungezwungen den Geschichten der Personen zu folgen, die dieses Universum bevölkern und die manchmal irgendwie aus der Zeit gefallen scheinen: abseits vom Mainstream.
Menschen am Rand von Kulturen und Subkulturen, Touristen und Migranten, Individualisten, Außenseiter und Entwurzelte, die – zielstrebig oder verwirrt – durchs Leben irren, Reisende durch die Gegenwart, die sich zufällig begegnen, kleine Welten in der großen, weiten Welt. Postmoderne Menschen, die ohne Illusionen versuchen, beharrlich ihren eigenen Weg durch eine in Unordnung geratene Welt zu gehen – mit Ironie, mit Verzweiflung, mit Sarkasmus, aber stets mit einer gewissen Haltung.
Jarmuschs Filme sind transkulturell und leben von Vielfalt der Kulturen, Ausdrucksweisen, Sprachen. Daher zeigen wir alle Filme in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Wie üblich in der Traumfabrik, wird jeder Film begleitet von einer Mikroeinführung durch Wolfgang Petroll. Anschließend gibt es Gelegenheit zum Gedankenaustausch in einem Kinogespräch.
Das Programm
Die Trailer
Das Programmheft als PDF
Die Filmreihe in der Schauburg wird ergänzt durch ein Seminar am ZAK sowie das öffentliche Filmseminar „Jim Jarmusch, Independent. Transkulturelle Filmpoesie im postmodernen Kinofilm“ der AWWK in der Schauburg.
Programm
Alle Filme in Originalfassung mit dt. Untertiteln (OmU). Jeweils Buch und Regie: Jim Jarmusch
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Sonntag, 1. Mai 2022, 15 Uhr Permanent Vacation1980, 75 Min. - Josef-von-Sternberg-Preis, Mannheim
Preisgekröntes No-Budget-Filmdebüt
Junger Mann Anfang 20, ohne Job, ohne Bankkonto, ohne Perspektive, driftet durch das New York der späten 70er Jahre, begegnet auf seinen Wegen unterschiedlichen Menschen. Gibt es für ihn einen American Dream, „somewhere over the rainbow“? - Tagträume, Lautréamont, Ford Mustang; Jump Cuts und Doppler Effekt.
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Sonntag, 8. Mai 2022, 15 Uhr Stranger Than Paradise1984, 89 Min.
Fremd in Amerika (USA) – Jarmuschs internationaler Durchbruch
Eva, eine junge Frau aus Ungarn, will zu ihrer Tante Lotte in Cleveland, aber erst sitzt sie bei ihrem mürrischen Vetter Willie in Brooklyn fest. Der versucht, ihr den American Way of Life zu erklären, auch wenn beide nicht viel gemeinsam haben. Ein Jahr später besucht er sie mit seinem Freund Eddie im wintergrauen Cleveland. Zu dritt fahren sie Richtung Sonne, nach Florida, mit unerwarteten Folgen. - Ethnographie der USA, aus Sicht der Fremden und derer, die glauben, heimisch geworden zu sein.
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Sonntag, 15. Mai 2022, 15 Uhr Down by Law1986, 107 Min. – im Wettbewerb um die Palme d’or, Cannes
Drei Mann, eine Zelle, und der Traum von Freiheit
Drei mehr oder weniger Unschuldige, DJ Zack, Zuhälter Jack und der italienische Tourist Roberto, finden sich in New Orleans in einer Gefängniszelle wieder, gehen sich auf die Nerven, versuchen sich irgendwie mit ihrem Schicksal zu arrangieren und träumen vom Ausbruch. Doch der führt in die sumpfigen Wälder Louisianas... - Ein Film über die Tücken des Lebens, Walt Whitman, Leaves of Grass und die Macht der Phantasie.
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Sonntag, 22. Mai 2022, 15 Uhr Mystery Train1989, 113 Min. - Bester künstlerischer Beitrag, Festival Cannes
Drei Wege durch Memphis, Tennessee, drei Zimmer, ein Hotel, ein Schuß
Ein junges Touristen-Paar aus Japan auf den Spuren der Rock-n-Roll-Geschichte, eine junge Witwe, die den Sarg ihres Mannes in ihre italienische Heimat überführen will, der Brite Johnnie, der sich mit seinen beiden Buddies betrinkt und mit einer Pistole spielt, weil ihn seine Freundin verlassen hat: Ohne daß sie voneinander wissen, kreuzen sich ihre Wege in einem alten Hotel. - Elvis, die Sun Studios, Popkultur und ihre sehr lebendigen Mythen.
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Sonntag, 29. Mai 2022, 15 Uhr Night on Earth1991, 129 Min.
Fünf Taxis, fünf Metropolen, fünf Begegnungen, vier Zeitzonen, eine Nacht
Zufällige Begegnungen bei Taxifahrten: eine vielbeschäftigte Casting-Agentin in Los Angeles, ein ostdeutscher früherer Zirkusclown in New York, zwei afrikanische Diplomaten und eine Blinde in Paris, ein Priester in Rom, drei Betrunkene in Helsinki - und (anfangs) eher beiläufige Gespräche: über Karrierechancen, Lebensläufe, kleine Schwierigkeiten, Wahrnehmungsfähigkeit, Sexexzesse, große Tragödien…
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Pfingst-Sonntag, 5. Juni 2022, 15 Uhr Dead Man1995, 120 Min. - Im Wettbewerb um die Palme d'or, Cannes
Western-Trip: Buchalter wird zum Poeten auf dem Weg in die Ewigen Jagdgründe
William Blake, Buchhalter aus Cleveland, reist in den Wilden Westen, um seinen Job anzutreten – doch der ist schon vergeben. Er lernt die Blumenverkäuferin Thel kennen, wird von ihrem Ex-Lover angeschossen und flieht in die Wildnis. Dort trifft er auf den Indianer Nobody, der ihn für die Reinkarnation des englischen Dichters William Blake hält. Von Kopfgeldjägern verfolgt, zieht das ungleiche Paar weiter bis nach Westen. - Kafkaesker psychedelischer Western, mit William Blakes Poesie, der Kultur der Ureinwohner, Tabak und Neil Youngs Gitarre, gefeiert von Kritikern wie Greil Marcus und Jonathan Rosenbaum.
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Sonntag, 12. Juni 2022, 15 Uhr Ghost Dog: The Way of the Samurai1999, 116 Min.
Contract Killer zwischen Samurai-Kodex, Rap und alternden Mafiosi
Ghost Dog, Afroamerikaner, Taubenzüchter und Elektronikbastler, arbeitet als Auftragskiller für eine Mafiafamilie und folgt dabei dem Hagakure, einem Buch mit Verhaltensregeln für Samurai. Sein einziger Freund ist der Eisverkäufer Raymond, der aber nur Französisch spricht. Als ein Auftrag ihn mit den Gesetzen der Blutrache in Konflikt bringt, kommt es zu einem tödlichen Kampf der Kulturen… - Hagakure, Brieftauben, Eiscrème, Frankenstein, Bären, Rashomon und Rap.
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Sonntag, 19. Juni 2022, 15 Uhr Coffee and Cigarettes2003, 96 Min. - Cannes: Goldene Palme - Bester Kurzfilm (Episode „Somewhere in California“, 1993)
Alternative Lebenswege, absurde Begegnungen, und die beliebten legalen Drogen
Seit 1986 drehte Jim Jarmusch mit Schauspielern seiner Filme und Freunden Kurzfilme, die immer demselben Muster folgten: zwei Personen sitzen bei Kaffee (oder Kräutertee) und Zigaretten an einem Tisch und unterhalten sich. Vieles wurde improvisiert, Reales und Fiktionales überschneiden sich. Die Gespräche handeln u.a. von Nikola Tesla, kleinen und großen Problemen, Verwandtschaft, berühmten Bekannten, Zahnarztbesuchen, Sucht, gesundem Leben, Musik, Kunst und Kultur, Risiken & Nebenwirkungen von Nikotin und Koffein.
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Sonntag, 26. Juni 2022, 15 Uhr Broken Flowers2005, 101 Min. - Grand Prix, Filmfestival Cannes
Don Juan, ein verlorener Sohn und eigenwillige Ex-Frauen
Mit Don Johnstons Ruhestand ist es jäh zu Ende, als ihn ein anonymer Brief informiert, er habe einen 19jährigen Sohn. Sein Nachbar, Musikfan und Amateurdetektiv, drängt ihn, der Sache nachzugehen. Begleitet von äthiopischer Jazzmusik, macht sich Don auf die Suche, um einige seiner zahlreichen Ex-Freundinnen zu besuchen, und um seinen Sohn zu finden – wie vorauszusehen, keine leichte Aufgabe … - Einer von Jarmuschs erfolgreichsten Filmen.
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Sonntag, 3. Juli 2022, 15 Uhr The Limits of Control2009, 116 Min.
Contract Killer und Kultur gegen Globalisierung
Ein einsamer Mann kommt auf dem Flughafen an. Geleitet von geheimnisvollen Botschaften und Begegnungen, führt ihn sein Weg von den Museen Madrids über Sevilla in die Wüste von Almería, Kulisse vieler Italowestern. Die Mission eines Agenten, ausgerüstet mit Imagination und kulturellen Codes. - William S. Burroughs, Kubismus, Brian Enos „Oblique Strategies“, Flamenco, Schubert, und die entfesselte Kamera von Christopher Doyle – „auf einer Linie zwischen Dada und Buddha“ (Georg Seeßlen).
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Sonntag, 10. Juli 2022, 15 Uhr Only Lovers Left Alive2013, 123 Min. - im Wettbewerb um die Palme d’or, Cannes
Hungrige Vampire, satt an Kultur
Während ihrer langen Lebenszeit haben die beiden Vampire Adam und Eve ein von Musik und Literatur erfülltes Leben geführt. Sie haben berühmte Künstler und Wissenschaftler kennengelernt, was es für sie nicht leichter macht, unentdeckt zu bleiben. Doch angesichts moderner Umweltverschmutzung und der ungesunden Lebensweise vieler Menschen wird es immer schwieriger, reines Blut ohne chemische Rückstände zu finden… - Über Marlowe, Shakespeare, Schubert und das problematische ewige Leben.
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Sonntag, 17. Juli 2022, 15 Uhr Paterson2016, 118 Min. - Palm Dog Award, im Wettbewerb um die Palme d’or, Cannes
Poesie macht den Alltag sinnvoller
Paterson ist Busfahrer in der Stadt Paterson, New Jersey. Sein Leben ist Routine: täglich wacht er zur selben Zeit auf, fährt mit seinem Bus dieselbe Strecke, führt am Abend den Hund aus und besucht seine Stammkneipe. Dabei hört er den Gesprächen zu, macht sich Notizen und schreibt in sein Notizbuch Gedichte. Seine umtriebige Frau drängt ihn, diese zu veröffentlichen, doch lange zögert er … - Ein Film über die einfachen Dinge des Lebens, die kulturenübergreifende Macht der Poesie, Ron Padgett und William Carlos Williams.
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Sonntag, 24. Juli 2022, 15 Uhr The Dead Don't Die2019, 103 Min. - Eröffnungsfilm Filmfestival Cannes
Zombies im ländlichen US-Kleinstadtleben
Einwohner und Polizisten eines kleinen Landstädtchens werden mit einer um sich greifenden Zombieinvasion konfrontiert. Ist Raubbau an der Natur dafür verantwortlich? Was hat ein UFO damit zu tun? Und welche Rolle spielt ein rätselhafter Eremit? – Ein Film, der alle Jarmusch-Filme enthält, mit einem grandiosen Ensemble aus Stars, Freunden und Gästen.
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Sonntag, 31. Juli 2022, 15 Uhr Year of the Horse1997, 106 Min.
Konzertdoku Neil Young & Crazy Horse Live
Nach ihrer Zusammenarbeit bei Dead Man (1995) begleitet Jim Jarmusch den kanadischen Gitarristen Neil Young und seine Band auf ihrer Konzerttour 1996. Zwischen Mitschnitten von Live-Auftritten werden auch Backstage-Aufnahmen, Gespräche im Tourbus sowie älteres Archivmaterial verwendet. Gefilmt auf Super-8, Hi-8-Video und 16mm-Film, entsteht ein authentisches Erlebnis.
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Sonntag, 7. August 2022, 15 Uhr Gimme Danger2016, 108 Min. - Filmfestival Cannes, Midnight Screenings
Musikdoku Iggy Pop & The Stooges
Gegründet 1967, war die Band um ihren Frontmann Iggy Pop Wegbereiter für die Entwicklung des Punk der 70er. Igyy Pop, auf der Bühne bekannt für körperbetonte, exzessive Performances, hatte schon früher Gastauftritte in Jarmusch-Filmen. Der Film dokumentiert, über Breakups und Reunions hinweg, die wechselvolle Geschichte der Stooges und ihrer Mitglieder.
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Änderungen sind nicht beabsichtigt, müssen wir uns jedoch ausdrücklich vorbehalten! Laufzeiten der Filme können abweichen.
Die Vorstellungen finden statt im:
Filmtheater Schauburg
Marienstr. 16
76137 Karlsruhe
Eintritt: 9,50 Euro / ermäßigt 8 Euro / SeminarteilnehmerInnen 6 Euro
Die Traumfabrik ist eine Filmreihe kuratiert von Wolfgang Petroll (Traumfabrik), Herbert Born (Schauburg), Jens Görisch (ZAK). Alle Filme mit Mikro-Einführung von Wolfgang Petroll (ZAK) und Kinogespräch.
Mit freundlicher Unterstützung der Georg-Fricker-Stiftung.