POSTMODERNE reloaded – Kultfilme der 80er und 90er Jahre
„Vielleicht reden wir nur deshalb von der Postmoderne, weil uns die Moderne zum Hals heraushängt“ – Vilém Flussers treffsichere Faustregel scheint den Kern einer umfassenden kulturellen Bewegung zu treffen, die seinerzeit viel diskutiert wurde. In den 1980er und 90er Jahren brachte sie eine ganze Reihe innovativer Kultfilme hervor, die ein begeistertes Publikum fanden. Genremix, Spektakel, barocke Üppigkeit, Videoclip-Ästhetik, Ironie und Skepsis - das waren einige Schlagworte, mit denen man versuchte, das Phänomen des postmodernen Films begrifflich zu fassen. Im Anschluss an die Neuen Wellen der 60er und vor der Monopolisierung durch ein formelhaftes Blockbusterkino fanden Filmemacher ökonomische Nischen für originelle, anspruchsvolle und zugleich unterhaltsame Produktionen, die rasch zu Kultfilmen wurden: eine transkulturelle Bewegung, die Anleihen aus der Filmgeschichte aufnahm, aber auch aus anderen Kunstgattungen wie Literatur, Theater, Fernsehen, Graphic Novels.
Die 25. Traumfabrik wirft Blicke in eine filmisch hoch kreative Zeit und zeigt, der Epoche entsprechend, eine bunte Mischung von Filmen aus verschiedenen Kulturen und unabhängigen Filmemachern: vom „harten Kern“ der Prä-Milleniums-Generation, in verschiedenen Genremischungen aus SciFi, Psychothriller, Melodrama, Road Movie, Horror, Avantgarde, Comedy.
Die Filmreihe beginnt am Sonntag, 22. Oktober 2023 mit dem 1982 erschienenen Science-Fiction-Film „Blade Runner“ des Regisseurs Ridley Scott.
Wie üblich in der Traumfabrik, wird jeder Film begleitet von einer Mikroeinführung durch Wolfgang Petroll. Anschließend gibt es Gelegenheit zum Gedankenaustausch in einem Kinogespräch.
Das Programmheft als PDF (ca. 1,6 MB)
Seminar am ZAK: | Postmoderne Reloaded. Kultfilme der 80er & 90er Jahre – von Blade Runner zu Pulp Fiction (Dozent: Wolfgang Petroll) |
Kurs der AWWK 1110: | Postmoderne Filme der 80er und 90er Jahre: Innovative Ästhetik, Ironie und Skepsis (Dozent: Wolfgang Petroll) |
Programm
Sonntag, 22. Oktober 2023, 15 Uhr Ridley Scott: Blade RunnerGB/HK 1982, 117 Min
Ground Zero der Postmoderne: „More human than human, is our motto“
Gen-Technik und Konzerne beherrschen die Welt, doch ihre Produkte, die Replikanten, werden auf der Erde gnadenlos gejagt. Sind sie vielleicht die besseren Menschen? Jedenfalls verstehen sie es, poetisch zu sterben. – Blade Runner prägte Stil und Inhalte zahlreicher SciFi-Filme bis heute und gilt als ein Schlüsselfilm der Postmoderne. |
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Sonntag, 29. Oktober 2023, 15 Uhr Monty Python’s Das Leben des BrianGB 1979, 94 Min.
Als Comedy noch einfach genial sein durfte - „Always Look on the Bright Side of Life“
Brian wird in Bethlehem geboren, neben Jesus im Nachbarstall… Biblische Geschichte, bisher unerzählt, in neuer filmischer Übersetzung, voll undogmatischer Perspektiven. Monty Python, die erfolgreiche anarchische Comedy-Truppe, debütierte Ende der 60er im Fernsehen, in einer Phase künstlerischer Freiheit. Britischer Humor der Spitzenklasse – so lustig, daß er in Italien, Irland, Norwegen und einigen britischen Gemeinden wegen Blasphemie verboten war. |
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Sonntag, 5. November 2023, 15 Uhr Stanley Kubrick: The ShiningUS 1980, 119 Min. OV
„Here’s Johnny!!! … All Work And No Play Makes Jack A Dull Boy“
Jack Torrance läßt sich anheuern, um mit seiner Frau Wendy und Sohn Danny während des Winters ein im Schnee völlig isoliertes Hotel zu beaufsichtigen und dabei ein Manuskript zu beenden. In dem labyrinthischen Gebäude häufen sich unheimliche Erscheinungen. Die Grenzen zwischen Phantasie und Logik, Wahn und Wirklichkeit verschwimmen immer mehr. – Horror im Kopf: Ein Meilenstein des Gruselgenres. |
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Sonntag, 12. November 2023, 15 Uhr Federico Fellini‘s Schiff der TräumeI 1983, 128 Min.
„Der Film ist eine Reise“: Fellini’s Titanic – der Untergang einer Epoche
Kurz vor dem 1. Weltkrieg auf einem Luxusdampfer: eine illustre Gesellschaft, Hochadel, Politik, Großbürgertum, Opernsänger. Auf hoher See kreuzen sie den Weg serbischer Boat People und eines Kriegsschiffs. – Vom Neorealismus zu seinem ganz eigenen Surrealismus: Fellini war schon früh postmodern. Wie in einer historischen Allegorie zeigt er: Die lange Zangengeburt der Postmoderne begann mit dem Kollaps der alten bürgerlichen Zivilisation. |
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Sonntag, 19. November 2023, 15 Uhr Jean-Jacques Beineix: DivaF 1981, 117 Min.
Opernbegeisterter Postbote gegen postmoderne Kulturindustrie
Musik als Kunstgenuß und als Wirtschaftsgut: Jules, ein junger Briefträger in Paris mit Liebe für die große Oper, schneidet heimlich ein Konzert mit, wird von internationalen Gangstern und korrupten Polizisten gejagt, kommt aber auch der verehrten Diva näher. - J.J. Beineix („Betty Blue“), mit Leos Carax und Luc Besson Protagonist der jungen Generation der 80er, zeigt hier, was das französische Cinéma du Look für Augen und Ohren zu bieten hat. |
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Sonntag, 26. November 2023, 15 Uhr Wim Wenders: Der Himmel über BerlinBRD 1987, 127 Min.
Mensch sein in Berlin: pure Kinopoesie, vor dem Mauerfall
Schutzengel Damiel (Bruno Ganz) sehnt sich nach menschlichen Empfindungen. Auf seinen Wegen durch Berlin lauscht er den Gedanken der Menschen, begegnet dem alten Dichter Homer (Curt Bois), dem Punk-Sänger Nick Cave, der Trapezkünstlerin Marion, dem Schauspieler Peter Falk („Columbo“) – Henri Alekan, der Kameramann des poetischen Realismus, fand die passende Bildsprache: ein internationaler Erfolgsfilm. |
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Sonntag, 3. Dezember 2023, 15 Uhr Pedro Almodóvar: Das Gesetz der BegierdeES 1987, 102 Min.
Buntes Kino der freien Gefühle – spanische Post-Franco Renaissance
Dreiecksbeziehung unter Männern: Filmregisseur Pablo inszeniert Cocteau, lebt mit seiner transsexuellen Schwester Tina (Carmen Maura) und ihrer Pflegetochter in einer Familie. In der Beziehung zu seinem Lover Juan kriselt es; er lernt den besitzergreifenden Antonio (Banderas) kennen. - Nach Spaniens langer Lähmung in der Franco-Diktatur feierte Almodóvar mit diesem Film seinen internationalen Durchbruch: Menschen und starke Gefühle, Krisen und Dramen, Sex & Crime. |
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Sonntag, 10. Dezember 2023, 15 Uhr Aki Kaurismäki: Leningrad Cowboys Go AmericaFI 1989, 79 Min.
Die Kult-Band, die aus der Kälte kam… American Dream, now!
Im Nirgendwo zwischen Finnland und Sibirien hofft eine Band vergebens auf den Durchbruch und bricht daher mit ihrem umtriebigen Manager auf eine Irrfahrt durch Amerika auf. – Das finnische Filmwunder der 80er: skurriler trockener Humor, markante Charaktere, wortkarge Dialoge, stimmungsvolle Bilder und vor allem herrlich schräge Musik. Die Leningrad Cowboys Live wurden damals auch auf der Schauburg-Bühne gefeiert. |
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Sonntag, 17. Dezember 2023, 15 Uhr Tim Burton: Edward ScissorhandsUS 1990, 105 Min.
Wo die Schneeflocken herkommen - Weihnachtsmärchen für postmoderne Filmträumer
Nach dem Tod seines Erfinder-Vaters (Vincent Price) lebt Edward, ein sanftmütiger, unvollendeter künstlicher Mensch, isoliert in einem Schloß über einer US-Vorstadt. Mit seinen Scherenhänden schafft er zauberhafte Gartenskulpturen. Die mitfühlende Kosmetikberaterin Peg nimmt Edward in ihre Familie auf; und die Tochter des Hauses verliebt sich in ihn. - Tim Burtons persönlichster Film – nach „Batman“ seine erste Zusammenarbeit mit Johnny Depp. |
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Sonntag, 14. Januar 2024, 15 Uhr Jim Jarmusch: Night on EarthUS 1991, 129 Min.
Liebe, Leben und Tod im Taxi, transkulturell, from Dusk till Dawn
Fünf Taxis in fünf Städten, vier Zeitzonen und einer einzigen Nacht: zufällige Begegnungen rund um den Globus, oberflächliche und tiefsinnige Gespräche, mit unvorhersehbaren Folgen. - Ein minimalistischer Film des konsequenten Independent Jim Jarmusch, über interkulturelle Kommunikation, Zufälle und Katastrophen, Karriere, Leben, Liebe und Tod, Mißverständnisse und große Gefühle. |
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Freitag, 19. Januar 2024, 17:30 Uhr Beginn AWWK-Filmseminar in der Schauburg 6 Termine, jeweils Fr 17:30-19 Uhr; Info / Anmeldung: www.awwk-karlsruhe.de |
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Sonntag, 21. Januar 2024, 15 Uhr Peter Greenaway: Prospero’s BooksGB/NL/J 1991, 129 Min.
Digitale Shakespeare-Phantasie vom Meister des postmodernen Films
„Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind“: In einem imaginären Reich der Phantasie schreibt Shakespeare’s Prospero, aus der Heimat verbannt, mithilfe der Bücher seine Geschichte selbst. - Mit der Palette digitaler Bildbearbeitung entfaltet Filmkünstler Peter Greenaway ein transmediales Zauberreich aus Allmacht der Gedanken, Magie, Wissenschaft und Kunst: ein Trip durch Kultur- und Literaturgeschichte der Jahrhunderte. |
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Sonntag, 28. Januar 2024, 15 Uhr Joel & Ethan Coen: Barton FinkUS 1991, 116 Min.
„The Life of The Mind“: Hollywood als Höllentrip
Hollywood, kurz vor dem 2. Weltkrieg: Barton Fink, erfolgreicher sozial engagierter Theaterautor, wird von Studioboss Lipnick angeworben, um das Drehbuch zu einem Wrestler-Film zu schreiben – eine undankbare Aufgabe. In einem kafkaesken Hotel freundet er sich mit seinem Zimmernachbarn Charlie an, anscheinend ein einfacher Mann aus dem Volk. – Treffsicher karikieren die Coens Traumfabrik, American Dream, intellektuelle, existentielle und kinematographische Alpträume. |
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Sonntag, 4. Februar 2024, 15 Uhr Quentin Tarantino: Pulp FictionUS 1994, 154 Min.
Hesekiel, undogmatisch: interkulturelle Semiotik für Alle
Die Profikiller Vincent und Jules diskutieren die Interkulturalität von Cheeseburgern, die Bedeutung von Fußmassagen und Bibelzitaten; Mia will tanzen gehen und pudert sich die Nase mit dem falschen Stoff; Boxer Butch sucht seine Uhr und gerät in den BDSM-Keller von Zed: virtuelle Alltagsprobleme im Gangstermilieu von L.A. - Drei Geschichten in einer, von Tarantino in formvollendeten Zeitsprüngen komponiert und erzählt. |
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Sonntag, 11. Februar 2024, 15 Uhr Lars von Trier: EuropaDK 1991, 114 Min.
Mit Nazis im deutschen Schlafwagen: ein Film-Alp-Traum
Ein junger amerikanischer Pazifist sucht Alternativen in Deutschland, verliebt sich in eine schöne Unbekannte, gerät in ein Nazi-Komplott und muß schließlich zur Notbremse greifen. Doch die Nazis sind überall. Ein wieder höchst zeitgemäßer postmoderner Neonoir-Trümmerfilm über die Nachkriegszeit - ein Wechselbad der Gefühle mit einfallsreichen optischen Spezialeffekten. |
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Sonntag, 18. Februar 2024, 15 Uhr Luc Besson: Das Fünfte ElementF/US 1997, 121 Min.
Sein oder Design: Taxi Driver gegen den militärisch-industriellen Komplex
Filme über einen drohenden Weltuntergang häuften sich vor dem Jahr 2000. Ist die Welt noch zu retten? Kaum, wenn sich ein Waffenhändler mit der Inkarnation des puren Bösen verbündet. Doch Bruce Willis als cooler Taxifahrer tut, was er kann. - Temporeiche Space-Oper von Luc Besson („Big Blue“, „Leon der Profi“), mit Unterstützung der Comic-Künstler Möbius („Incal“) und Mézières („Valerian“) sowie des Modeschöpfers Jean-Paul Gaultier gestylt: ein Vorläufer späterer Comicverfilmungen. |
Änderungen sind nicht beabsichtigt, müssen wir uns jedoch ausdrücklich vorbehalten! Laufzeiten der Filme können abweichen.
Die Vorstellungen finden statt im:
Filmtheater Schauburg
Marienstr. 16
76137 Karlsruhe
Eintritt: 9,50 Euro / ermäßigt 8 Euro / Seminarteilnehmende 6 Euro
Die Traumfabrik ist eine Filmreihe kuratiert von Wolfgang Petroll (Traumfabrik), Herbert Born (Schauburg). Alle Filme mit Mikro-Einführung von Wolfgang Petroll (ZAK) und Kinogespräch.
Mit freundlicher Unterstützung der Georg-Fricker-Stiftung.