Reloaded – Neue Perspektiven auf die Energiespeicherung von morgen
Colloquium Fundamentale im Wintersemester 2019/20
Energiespeicherung beschäftigt nicht nur Forschende. Effizienz, Nachhaltigkeit und faire Produktion von Energiespeicherungssystemen sind auch gesellschaftsrelevante Anliegen. Für die Herstellung moderner wiederaufladbarer Batterien werden knappe Rohstoffe wie Lithium und Kobalt benötigt. Smartphones, Laptops und inzwischen auch E-Bikes und Elektroautos werden mit Lithium-Ionen-Akkus betrieben. Die Allgegenwärtigkeit dieser Technologie wirft viele Fragen auf: Wie fair werden Lithium-Ionen-Batterien produziert? Stehen wir vor einer Kostenexplosion auf dem Rohstoffmarkt? Welche Probleme gehen mit der Entsorgung derartiger Produkte einher? Und wie effizient sind diese Batterien überhaupt? Seit Jahrzehnten wird an Alternativen geforscht. Salzwasser-Batterien, Wasserstoff-Brennstoffzellen und seit neustem auch Post-Lithium-Technologien bieten interessante Zukunftsszenarien für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.
Neben einführenden Vorträgen zu aktuellen Technologien und deren Vor- und Nachteilen werden wir uns in diesem Semester auch mit vielversprechenden Forschungsansätzen auseinandersetzen insbesondere mit dem Fokus auf umweltfreundliche und Post-Lithium-Technologien. Die Vortragsreihe steht unter dem Leitgedanken einer vorausblickenden Diskussion über Chancen, Herausforderungen und Grenzen unterschiedlicher Technologien sowie der Vereinbarkeit von Wirtschaft, Mensch und Umwelt. Ergänzend zu den Vorträgen, wird in diesem Semester eine Podiumsdiskussion den Abschluss der Veranstaltung bilden, in der Zukunftstrends und Szenarien der Energiespeicherung diskutiert werden sollen.
Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Dr. Jesús Muñoz Morcillo, Dipl.-Geogr. Jens Görisch
Organisatorin:
Vanessa Mittmann M.A.
Das Colloquium Fundamentale wird durch den KIT Freundeskreis und Fördergesellschaft e.V. gefördert.
Veranstaltungsübersicht
Philosophische Perspektiven auf die Energiewende: Chancen, Unsicherheiten und die Notwendigkeit von Energiespeichern
Donnerstag, 17. Oktober 2019, 18:00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Dr. Rafaela Hillerbrand Professorin für Technikethik und Wissenschaftsphilosophie, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Zu den Bildern der Veranstaltung Energiespeicher stellen einen notwendigen, aber im benötigten Umfang leider noch nicht verfügbaren Baustein der Energiewende dar. Hieraus ergibt sich nicht nur ein Aufruf an die Technik- und Naturwissenschaften zu Forschung und Entwicklung, sondern auch ein Aufruf an uns alle, die Ziele der Energiewende zu bedenken und klar(er) zu formulieren. Mit diesem Vortrag möchte die Philosophie hierzu einen Beitrag leisten und fragen, wie sich aus ethischer Sicht die Energiewende mit dem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung besser fassen lässt und wie insbesondere der Unsicherheit des technischen Fortschritts Rechnung getragen werden kann. Bedarf es eines alternativen Plans für den Fall, dass weder die nötigen Speicher, noch die erneuerbaren Techniken voll umfänglich zur Verfügung stehen? Was genau bedeutet Nachhaltigkeit und wo sind die Herausforderungen sowie die Risiken und Chancen im großen Themenkomplex Energie zu sehen? Auch wenn die Philosophie hierzu keine konkreten Antworten geben kann, so hat sie doch die Aufgabe, die energiepolitischen Ziele aus ethischer Sicht zu hinterfragen und auf offene Problemstellungen hinzuweisen, die im gegenwärtigen Diskurs keine oder zu wenig Beachtung finden. |
Nachhaltige Batterien für die Speicherung Erneuerbarer Energie – wohin geht die Reise?
Donnerstag, 07. November 2019, 18:00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Maximilian Fichtner wissenschaftlicher Direktor von CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm-Karlsruhe) / Sprecher des Exzellenzclusters POLiS, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Zu den Bildern der Veranstaltung Zu Beginn des Vortrags wird die zu erwartende Situation auf dem Ölmarkt in den nächsten 10 Jahren erläutert und auf Folgen und mögliche Auswege eingegangen. Dabei wird die Speicherung elektrischer Energie ein wichtiger Teil des Gesamtkonzeptes einer zukünftigen Energiewirtschaft sein. Der Siegeszug der Li-Ionenbatterie in diesem Bereich hat seine Gründe, wobei die stark wachsende Nachfrage nach immer besseren und nachhaltigeren Batterien große Herausforderungen an Wissenschaft und Wirtschaft stellt. Ein prognostizierter Zuwachs der weltweiten Batteriespeicherkapazität von derzeit 150 GWh auf 1800 GWh in 2030 macht es erforderlich, neue Speicherkonzepte zu entwickeln, um der Rohstoffproblematik zu entgehen. Am Ende seines Vortrags wird Professor Fichtner das batterieelektrische Konzept noch mit weiteren Optionen wie den Wasserstoff- und Brennstoffzellenfahrzeugen und Verbrennungsmotoren auf Basis von Power-to-Liquid vergleichen. |
Energiespeicher im geologischen Untergrund - Prämissen und Perspektiven
Donnerstag, 05. Dezember 2019, 18:00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. rer. nat. Andreas Dahmke Leider musste der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Andreas Dahmke aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden. Prof. Dahmke wird stattdessen an der Podiumsdiskussion am Donnerstag, 30. Januar 2020 teilnehmen. Professor für Angewandte Geologie am Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Die Nutzung des geologischen Untergrundes, z.B. als Raum für fossile Energieträger, bildet auch derzeit noch das Rückgrat der bisherigen globalen Energieversorgung. Allerdings kann sich dieser Zustand aufgrund der mit dem Pariser Klimaabkommen beschlossenen globalen Transformation der Energieversorgungssysteme in den nächsten Dekaden - wahrscheinlich verbunden mit einer Reihe von geopolitischen Konsequenzen - deutlich verändern. Stattdessen wird die geothermische Bewirtschaftung, insbesondere aber die Nutzung des geologischen Untergrundes, als Speicherraum eine möglicherweise herausragende nationale und internationale Bedeutung erlangen. Im Vortrag wird daher zunächst - in Form von Thesen zur globalen Entwicklung der Energiesystemtransformation und notwendigen Adaptionsmaßnahmen an den Klimawandel - der zukünftige Bedarf an Speichersystemen in geologischen Formationen abgeleitet. Konkretisiert wird dieser Ansatz im zweiten Teil des Vortrags am Beispiel von unterirdischen Wärmespeichern in urbanen Gebieten, die eine essentielle Bedeutung für eine regenerative Wärmeversorgung (Kühlen und Heizen) wie auch zur Klimaregulation in Städten bekommen können. |
Wasserstoff und Brennstoffzelle – wichtige Elemente der Energiewende
Donnerstag, 16. Januar 2020, 18:00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Angelika Heinzel Professorin und Leiterin des Lehrstuhls für Energietechnik, Universität Duisburg-Essen Zu den Bildern der Veranstaltung Zur Veranstaltung auf DIVA (Das Video ist aus urheberrechtlichen Gründen nur innerhalb des KIT Netzes einsehbar) Mit zunehmendem Ausbau von Windenergie und Fotovoltaik werden Leistungsfluktuationen im elektrischen Netz sowie Stunden mit einem Stromüberschuss im Verbundnetz häufiger und der Speicherung großer Energiemengen für wind- und sonnenscheinarme Zeiten kommt eine immer größere Bedeutung zu. Die großtechnische Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse von Wasser ist eine seit Jahrzehnten etablierte Technologie, der im Kontext der Energiewende nun ein neuer Wert zukommt. Wasserstoff ist ein vielseitig einsetzbarer Energieträger, der bei seiner Nutzung kein CO2 emittiert. Die beste Technologie zur Nutzung von Wasserstoff ist die Brennstoffzellentechnologie, die mit hohen Wirkungsgraden Strom und Wärme erzeugen kann. Es entsteht Wasser(dampf) als einziges „Abgas“. Die Entwicklung der Brennstoffzellentechnolgie ist mittlerweile soweit fortgeschritten, dass erste Produkte auf den Markt gekommen sind. Brennstoffzellenfahrzeuge können die besser bekannte Elektromobilität mit Batterien sinnvoll ergänzen, wenn große Reichweiten und schnelle Tankzeiten essenziell für den Nutzer sind. Ein zweites Segment sind Hausenergiesysteme mit Brennstoffzelle – die kleinsten und effizientesten Anlagen zur Kraft-Wärme- Kopplung. Hier wird in einem vorgelagerten Schritt Wasserstoff aus Erdgas erzeugt. Elektrische Wirkungsgrade bis zu 60 % sind möglich und Gesamtwirkungsgrade der Erzeugung von Strom und Wärme können 80 % übersteigen. Der in Brennstoffzellen ablaufende Prozess ist wie bei Batterien elektrochemisch, daher gibt es keine Emissionen wie bei der Verbrennung. So viele Vorteile haben aber auch einen Preis, es werden teils edelmetallhaltige Katalysatoren benötigt und der Wasserstoff ist ein Gas mit einem Energieinhalt von etwa 1/3 des Wertes für Erdgas. Insbesondere in den Fahrzeugen sind daher Drucktanks erforderlich, um eine ausreichende Menge an Energie speichern zu können. Japan, Korea und China sind derzeit Vorreiter bei der Einführung der Technologie, in den USA und in Europa sind die Fortschritte langsamer trotz der politischen Willensbekundungen für das Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen zu wollen. |
Podiumsdiskussion: Innovative Energiespeicherung – Szenarien und Trends der Zukunft
Donnerstag, 30. Januar 2020, 18:00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
In der aktuellen Diskussion um eine nachhaltige und zukunftsfähige Energiegewinnung im Rahmen der Energiewende spielt vor allem die Frage der Speicherung eine entscheidende und ausschlaggebende Rolle. Die Ideen für Lösungen sind vielfältig und teilweise auch sehr originell: Salzwasser-Batterien, Magnesium-Luft-Batterien, Post-Lithium-Technologien und Batterien aus Apfelresten. Doch wie sieht das optimale Energiespeichermedium für die Zukunft aus? Zum Abschluss des Colloquium Fundamentale im WS 2019/20 „Reloaded – Neue Perspektiven auf die Energiespeicherung von morgen“ wird über die Zukunft der Energiespeicherung diskutiert und sich mit möglichen Problemen und Chancen im Zuge der Energiewende auseinandergesetzt. |
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Prof. Dr. Andreas Dahmke Professor für Angewandte Geologie am Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Dr. Kathrin Goldammer Geschäftsführerin des Rainer Lemoine Instituts, Berlin Leider musste die Teilnahme von Frau Dr. Kathrin Goldammer an der Podiumsdiskussion aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden. |
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Dr.-Ing. Marcel Weil Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) |
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Moderation | |
Dr.-Ing. Isabelle Südmeyer Manager of Program, Helmholtz Program "Storage and Cross-linked Infrastructures" (SCI), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) |
Weiterführende Informationen zum Thema Batterieforschung
Exzellent in der Batterieforschung – In Zusammenarbeit mit der Universität Ulm konnte das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit seinem Exzellenzcluster zur Batterieforschung „Post Lithium Storage“ (POLiS) in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder überzeugen. Ziel des Exzellenzcluster ist es ein fundamentales Verständnis der elektrochemischen Energiespeicherung zu schaffen und Grundlagen für die praktische Nutzung von Post-Lithium-Technologien zu fördern.
Weiterführende Informationen zur Batterieforschung am KIT finden Sie unter https://www.postlithiumstorage.org/ oder auf der Seite der Forschungsplattform CELEST https://www.celest.de/.
Wir benutzen sie alle – Lithium-Ionen-Akkus. Ohne sie funktionieren weder Laptop, Smartphone noch Akku-Bohrer. Aber wie genau werden sie hergestellt und wie funktionieren sie überhaupt? Das Institut für Angewandte Materialien (IAM) am KIT erklärt in einem Video wie Lithium-Ionen-Akkus im Labor entstehen: https://www.youtube.com/watch?v=K4QIqEDix2A.
KIT.audio – Forschung Hören: Einen Forschungspodcast zum Thema Batterieforschung mit dem Titel „Batterien für morgen und übermorgen“ können Interessierte unter https://www.sek.kit.edu/2203_2210.php abrufen.